Der erste Eindruck zählt – und der ist häufig richtig. Zumindest in einigen Punkten: Ob jemand arm oder reich ist, lässt sich nämlich tatsächlich am Gesichtsausdruck erkennen.
Das zeigen Wissenschaftler um Nicholas Rule der Universität Toronto in einer aktuellen Studie, die im „Journal of Personality and Social Psychology“ veröffentlicht wurde. Für die Studie untersuchten die Forscher zwei Gruppen von 18- bis 22-jährigen Studenten: Die einen lebten in einem Haushalt mit einem Jahreseinkommen von unter 60 000 Dollar, die anderen Haushalte verdienten jährlich 100 000 Dollar und mehr. Als Mittelwert gingen die Forscher von 75 000 Dollar aus. Die Teilnehmer wurden mit einem neutralen Gesichtsausdruck fotografiert; anschließend sollte eine Beobachtergruppe die Fotos ausschließlich nach dem ersten Eindruck instinktiv bewerten und einschätzen, ob die abgebildete Person „reich oder arm“sei.
Mit einer Genauigkeit von 53 Prozent konnten die Beobachter den ökonomischen Status unabhängig von Geschlecht oder Herkunft erkennen. Dies liege über dem Wert der Zufallsauswahl. Interessant ist, dass dies nur bei einem neutralen Gesichtsausdruck gilt; wenn jemand lacht oder andere Emotionen zeigt, ist der sozioökonomische Status nicht mehr so leicht für den Betrachter erkennbar.
Die Forscher glauben deshalb, dass sich der Gesichtsausdruck schon im Teenager- und jungen Erwachsenenalter festigt, etwa durch häufiges Lachen oder Glücklichsein. Dies wiederum werde mit Zufriedenheit und einem wohlhabenden Leben verbunden: „Schon 18- bis 22-Jährige haben genug Lebenserfahrung gesammelt, dass sich diese erkennbar auf den Gesichtsausdruck auswirkt“, zitiert das Magazin „Science Daily“ Studienleiter Rule.
Spezielle Neuronen im Gehirn sorgen dafür, dass Gesichter schnell erkannt werden können – denn das Gesicht ist das Erste, das registriert wird, wenn wir jemanden anschauen. Auf diese Weise entstehen dann sehr schnell Vorurteile – ein Prozess, über den sich die Betrachter häufig nicht klar seien, erklärt der Psychologe.
Folgen bei Bewerbungen
Für diejenigen, die eingeschätzt werden, kann dies gravierende Folgen für die Zukunft haben – beispielsweise bei Bewerbungen um einen Arbeitsplatz. Die Forscher vermuten, dass der erkennbare sozioökonomische Hintergrund eines Bewerbers sich auch hier auswirken könnte. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, ob sich dieser Ausdruck mit zunehmendem Alter verfestigt.